Ravensberger Lichtlandschaften

Ein Modellprojekt zur Steigerung der Biodiversität in ausgeräumten Agrarlandschaften

Siehe auch: ravensberger-lichtlandschaften.de

Das Ravensberger Hügelland zwischen Bielefeld, Osnabrück und Minden ist eine intensiv besiedelte, stark ackerbaulich genutzte Kulturlandschaft. Zuckerüben, Raps, Getreidefelder auf nährstoffreichen Lößlehmböden, Horden von Brennesseln und Brombeeren an Böschungen und Grabenrändern, hier und da eine Feldholzinsel mit artenarmem Buchenwald: So zeigt sich diese Gegend, die – vielleicht bis auf einige Bachtäler – mit biologischer Vielfalt nicht überreich gesegnet zu sein scheint.

Woher kommen dann aber beispielsweise die vielen Orts- und Flurnamen, die mit -Heide enden? Man macht sich oft gar kein Bild davon, wie sehr sich unsere Kulturlandschaften im Laufe des letzten Jahrhunderts geändert haben, und welche Vielfalt von Biotopen, Tieren und Pflanzen hier früher verbreitet war. Ja, es gab Heide im Ravensberger Hügelland, und noch mehr: Orchideen, Fieberklee und Wollgras, kristallklare Teiche und Moorwiesen, Laubfrösche und Nachtigallen … Und diese ganze lebendige Vielfalt war vollkommen abhängig von der traditionellen Landbewirtschaftung, es waren keine Naturbiotope!

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die Grundlage dieser Biotope, die heute nahezu verschwunden sind, eine Lichtvegetation war. Lichtvegetation sind Pflanzengesellschaften der Kulturlandschaft, die durch nachhaltig-ökologische Nutzung so entstehen, entwickelt und erhalten werden, dass die Kräfte von Licht, Luft und Wärme gefördert und die Kräfte von Erde und Wasser gedämpft werden. Da in unserer mitteleuropäischen Landschaft Erde und Wasser die beherrschenden Elemente sind, stellt sich hier von Natur aus grundsätzlich Wald oder Moor ein, verbunden mit Artenarmut und schwachen Blütenaspekten. Ganz anders die Lichtvegetation der Kulturlandschaft, die in Mitteleuropa großflächig nur durch den kulturschaffenden Menschen etabliert worden ist: Artenreichtum, lebendige Vielfalt und Blütenfülle kennzeichnen diese meist Gras-dominierten Pflanzengesellschaften.

Durch die industrialisierte Landwirtschaft gingen diese Kräfte-Impulse in den letzten Jahrzehnten wieder zurück: Die modernen Agrarflächen stehen – vor allem durch die Stickstoffdüngung – bereits wieder unter der Herrschaft von Wasser und Erde, und das gleiche gilt leider auch für die „heilige Kuh“ des Ökolandbaues, das Kleegras.

Bei sehr genauer Suche findet man im Ravensberger Hügelland noch letzte Reste der einstigen Vielfalt und der Lichtvegetation. Weil es aber nur Reste sind, lohnt es sich, sich klar zu machen, welche großen Besonderheiten es darüber hinaus prinzipiell heute auch noch geben könnte, und wie und wo es sich lohnt, diese wieder aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken.

Besonderes Augenmerk gilt deshalb folgenden Biotopen

Durch welche ökologisch verträglichen und nachhaltigen Nutzungen können diese Biotope und die zugehörige Lichtvegetation wieder vitalisiert werden? Wie kann die regionale Landwirtschaft dadurch gestärkt werden? Welche Bedeutung kann diese Vielfalt – außer für seltene Tiere und Pflanzen – auch für Landschaftsbild und Naturerlebnis haben? Eine zentrale Rolle würde hierbei die neue Wiesenkultur spielen, die brachgefallene Sieke wieder öffnen und durchlichten würde (Lichtvegetation). Das schlummernde Potenzial kann nur dadurch auf Dauer wieder entwickelt werden, wenn die Bevölkerung dies will und die Gestaltung der lebendigen Vielfalt ihrer Heimat bewusst in die Hand nimmt.

So hat sich die Initiativgruppe Ravensberger LichtLandschaften zum Ziel gesetzt, die Vielfalt heimischer Wildpflanzen und Biotope zu fördern. Ihr Projektgebiet ist innerhalb des Ravensberger Hügellandes zunächst der Bielefelder Norden mit den ehemaligen Dorfgemarkungen von Jöllenbeck, Theesen und Vilsendorf. Hier sind in den letzten 50 Jahren viele typische Wildpflanzen durch die intensivierte landwirtschaftliche Nutzung, durch Nutzungsaufgabe und Brachfallen gefährdet oder gar ausgestorben. Die meisten dieser Pflanzen waren auf die traditionelle Nutzung angewiesen.

In Zusammenarbeit mit Landwirten, Forstwirten, Teichbesitzern, Anglern, Imkern u.a. will die Initiativgruppe den seltenen regionaltypischen Pflanzenarten wieder neue Lebensräume in einer nachhaltig bewirtschafteten Kulturlandschaft schaffen. Die ersten Aktionen konzentrieren sich auf den Köckerhof, der nach den Bioland-Richtlinien arbeitet.

Projektziele

Im Gegensatz zu den meisten anderen Naturschutzprojekten, die sich um die Entwicklung von Landschaften mit noch vorhandenem biologischen Potenzial (seltene oder gefährdete Arten bzw. Biotope/Lebensgemeinschaften) bemühen, geht das Modellprojekt Ravensberger LichtLandschaften von einer Null-Situation aus. „Null-Situation“ bedeutet für die betreffende Landschaft, dass hier nur noch extrem wenige Arten bzw. Lebensgemeinschaften der Roten Listen oder schützenswerte Biotope vorkommen, für die es jedoch historische Nachweise oder Hinweise gibt.

Es geht also weniger um Schutz, Erhaltung und Entwicklung, sondern mehr um Neu-Etablierung. Daraus ergeben sich für eine konkrete Landschaft Fragen wie:

  • Welche Arten und Biotope kommen bzw. kamen hier vor?
  • Wie lässt sich das regionaltypische Inventar an Biodiversität bestimmen?
  • Wie sieht das maximale Potenzial an Arten und Biotopen aus, das aktuell aber nur fragmentarisch oder gar nicht entwickelt ist?
  • Wie lässt sich dieses Potenzial wieder entwickeln, neu beleben? Welches sind die Bedingungen?
  • Welches sind die richtigen Orte für die einzelnen Arten und Biotope in der Landschaft? Es geht dabei nicht nur um die Entwicklung einzelner isolierter Flächen, sondern um einen funktionalen Zusammenhang in der Landschaft.
  • Wie lassen sich die Arten und Biotope in eine naturschonende, nachhaltige Landbewirtschaftung einbinden (Vielfalt durch Nutzung)?
  • Lassen sich eventuell positive Auswirkungen der neu zu entwickelnden biologischen Vielfalt auf die Nutzung prognostizieren (Nutzen durch Vielfalt)?

Grundlage unserer Arbeit ist die Vegetationskunde, da die Pflanzengesellschaften die Grundlage fast aller biologischen Systeme auf Landschaftsebene sind. Darüber hinaus sind die meisten Biotoptypen aus Vegetationstypen abgeleitet. Um den oben genannten Fragen nachzugehen, bedienen wir uns demnach des Konzeptes der Potenziellen Kulturlandschafts-Vegetation. Ziel des Projektes ist es, die Potenzielle Kulturlandschafts-Vegetation eines Gebietes weitgehend vollständig zu erfassen und an möglichst vielen Stellen wieder neu zu etablieren, wobei die Einbindung in Landbewirtschaftung bzw. nachhaltige Landschaftspflege sowie die emotionale Verankerung des Projektes in der örtlichen Bevölkerung obligatorisch sind.

Unser Anliegen ist es, Kulturlandschaft zu entwickeln. Entsprechend konzentrieren sich unsere Bemühungen auf die anthropogene Offenland-Vegetation, insbesondere die Lichtvegetation, die dem Projekt auch den Namen gegeben hat.

Das Projektgebiet

Erfahrungsraum (Untersuchungsraum)

Untersuchungsgebiet ist der Naturraum Ravensberger Hügelland. Hier wird die Potenzielle Kulturlandschafts-Vegetation erfasst sowie – falls möglich – die Art und Weise der Bewirtschaftung bzw. Pflege in Erfahrung gebracht. Dazu gehören ausgedehnte Geländeuntersuchungen, Literaturstudium und Expertenbefragung.

Naturraum = Erfahrungsraum (rot gestrichelt) und Tätigkeitsraum (grün schraffiert

Bisherige Arbeiten: 127 eigene Vegetationsaufnahmen in der Vegetationsperiode 2006 (die meisten davon von einer Studentengruppe der Uni Hannover, die das Teilprojekt „Wiesensanierung“ durchgeführt hat).

Tätigkeitsraum

Mit dem gesammelten Wissen aus dem Naturraum geht es in die Umsetzung. Um dabei in einem sozial überschaubaren Raum zu bleiben, wird ein Teilgebiet des Ravensberger Hügellandes ausgewählt: der nördliche Teil der kreisfreien Stadt Bielefeld, genauer die ehemaligen Dorfgemarkungen von Jöllenbeck, Vilsendorf und Theesen. Hier geht es zunächst um Bildungsarbeit, mit der viele Menschen für das Projekt begeistert werden sollen, dann um das Finden von interessierten Landnutzern (auch jeder, der einen Garten bewirtschaftet, ist ein Landnutzer), die mit in die praktische Umsetzung einsteigen und – übergreifend – um den Aufbau einer Initiativgruppe, die die Umsetzung vor Ort in die Hand nimmt.

Tätigkeitsraum: Der Nordteil von Bielefeld mit den drei alten Dorfgemarkungen Jöllenbeck, Theesen und Vilsendorf. Blau: Bachtälchen (Sieke)

Bisherige Arbeiten: 8 Diavorträge 2004-2006, 4 Exkursionen, Bildung einer Initiativgruppe von über 20 Personen, Erstellung eines Faltblattes (Auflage über 4000) zur Bewerbung des Projektes in der Bevölkerung, gemeinsame Festlegung des Startraumes sowie Planung und Organisation von praktischen Arbeitseinsätzen.

Startraum

Organisch gewachsen aus dem sozialen Zusammenhang im Tätigkeitsraum – und eingedenk einer bisher nur ehrenamtlichen Tätigkeit aller Beteiligten – entstand die Absicht, in einem wiederum noch kleineren Rahmen mit den praktischen Arbeiten zu beginnen. Die Wahl fiel auf den Köckerhof in Theesen, der nach den Bioland-Richtlinien wirtschaftet, zumal das Bewirtschafter-Ehepaar die Begeisterung über das Projekt voll teilt.

Pflanzengesellschaften: Die Projektbasis

Wenn man sich draußen umschaut: Wildpflanzen wachsen nie alleine für sich, sondern immer in Gemeinschaft mit anderen. Das, was da jeweils zusammen wächst, ist kein Zufallsprodukt, sondern unterliegt einer Gesetzmäßigkeit. Nur ganz bestimmte Pflanzen schließen sich zu einer Gemeinschaft zusammen, und das kann man mit einer bestimmten Methode erforschen. Die Wissenschaft, die das macht, die also die Pflanzenarten-Kombinationen von Pflanzengesellschaften herausfindet, ist die Pflanzensoziologie.

Die Grundlage unseres Projektes ist eben diese Pflanzensoziologie. Wir arbeiten mit Pflanzengesellschaften, und das hat Vorteile. Vorteil Nr. 1: die große Vielfalt unserer heimischen Wildpflanzen wird so zu Gruppen zusammengefasst und wird damit überschaubarer und handhabbarer. Vorteil Nr. 2: Pflanzengesellschaften bilden die wichtigste Grundlage der Lebensräume für Tiere. Vorteil Nr. 3: Pflanzengesellschaften sind flächig ausgebreitet und erlauben damit ein großräumiges Erfassen von Standortkräften.

Die pflanzensoziologische Forschung hat bundesweit inzwischen etwa 800 Pflanzengesellschaften definieren und beschreiben können, also recht viel! Und Nordrhein-Westfalen hat immerhin noch etwa 370 Gesellschaften. Von diesen Gesellschaften sind inzwischen etwa 200 gefährdet oder schon verschwunden, also über die Hälfte. Und von diesen 200 sind wiederum etwa 120 Pflanzengesellschaften vom Menschen in irgendeiner Weise abhängig – für deren Erhaltung tragen wir Menschen also die Verantwortung, und zwar nicht passiv nach dem Motto „lass man wachsen, das wird schon“, nein, sondern durch aktive Arbeit, da es sich um kulturabhängige Pflanzengesellschaften handelt.

Im Projektgebiet, dem Ravensberger Hügel-land, finden wir von den genannten 120 immerhin 60 Pflanzengesellschaften, an denen wir aktiv handeln müssen, um sie für die Zukunft zu bewahren. Das heißt, wir finden sie nicht wirklich, denn viele von ihnen sind schon verschwunden oder bis zur Un-kenntlichkeit degeneriert. Nur noch etwa 25 von ihnen kommen heute wenigstens in einzelnen Flächen vor, und auch das sind oft nur Reste.

Heiderest zwischen Ackerflächen

Einer der letzten Tümpel mit weißblühendem Wasserhahnenfuß und Laubfröschen 

Fast ausgestorben: Magere Feuchtwiese mit Teufelsabbiß und Zittergras

Die Frage ist nun, welches Potenzial schlummert da seinen Dornröschenschlaf und wie kann es wieder zum Leben erweckt werden? Die Erfassung des schlummernden Potenzials ist weitgehend eine wissenschaftliche Arbeit, sowohl Geländearbeit als auch Literaturauswertung und Expertenbefragung.

Wie wir vorgehen

  1. Eine Liste von Pflanzengesellschaften wird erstellt, die im Ravensberger Hügelland potenziell vorkommen und davon diejenigen selektiert, die nach der NRW-Roten Liste gefährdet sind. Das entspricht weitgehend der Lichtvegetation.
  2. Nach dieser Liste gehen wir ins Ravensberger Hügelland und sammeln Vegetationsaufnahmen von den noch vorhandenen Beständen bzw. Resten. Sie sollen uns sowohl über den aktuellen Stand der Verbreitung Auskunft geben als auch über die regionaltypische Artenzusammensetzung, die durchaus von den überregional beschriebenen Typen abweichen kann.
  3. Nun geht es um das Herausarbeiten der optimalen Artenkombination einer jeden Gesellschaft, und auch um das Optimieren nach den Kriterien: Futterwert, Heilpflanze, Blühwert, Rote-Liste-Art. Damit sind die Anforderungen an landwirtschaftliche, ästhetische und naturschutzfachliche Bedeutung abgedeckt, auf die es ankommen wird, wenn solche Gesellschaften neu etabliert werden sollen.
  4. Der Gedanke, gefährdete Pflanzengesellschaften (also mehr oder weniger die Lichtvegetation) neu zu etablieren, lässt die Frage entstehen, ob das unter den heutigen Randbedingungen überhaupt geht (Stickstoff aus der Luft, überdüngte Böden). Beispiele zeigen, dass das geht, z.B. die Neu-Etablierung von mageren Wiesen in der Eifel.
  5. Schließlich bleibt noch die Frage: Wo, an welchem Ort, kann man die Pflanzengesellschaften neu entwickeln, also in welchem Kontext (Vegetationskomplex). Dazu gibt der Typus der historischen Dorfgemarkung Auskunft.

Kaum zu glauben, aber wahr: Vor 13 Jahren wurde diese Fläche mit einer Lichtrasen- (Magerrasen-) Mischung neu eingesät, und zwar auf einem fetten Gartenboden zwischen Rasen und Gemüsekulturen – ohne jegliche Ausmagerung. Heute: Immer noch ein Lichtrasen, der durch zweimal jährliches Mähen erhalten wird!

Besondere Biotope

Spezielles Augenmerk wird in unserem Projekt auf die Lichtvegetation gelegt. Die Gesellschaften der Lichtvegetation sind im großen und ganzen deckungsgleich mit den gefährdeten Pflanzengesellschaften des Offenlandes in der Kulturlandschaft. Daraus ergibt sich, dass die Lichtvegetation des Ravensberger Hügellandes aus etwa 60 Pflanzengesellschaften (Assoziationen) besteht – von denen aber längst nicht alle tatsächlich vorhanden sind, sondern zumeist als Potenzial schlummern.

Um diese etwa 60 Pflanzengesellschaften übersichtlich darzustellen, werden sie nach den Zonen des historischen Kulturgradienten geordnet. Die folgende Aufzählung der Pflanzengesellschaften und deren Zuordnung zu den Zonen des Kulturgradienten hat noch vorläufigen Charakter.

Sonderbiotope

Die Initiativgruppe

Angeregt durch Vorträge und Exkursionen im Projektgebiet fand sich nach und nach eine Gruppe interessierter Menschen zusammen, die sich für das Projekt begeistern konnten. Denn es stellte sich bald heraus, dass sich viele Menschen im Naturschutz- und Landschaftspflegebereich engagieren und praktisch tätig werden würden, wenn sie Gelegenheit hätten und wüssten, wie sie geeignete Arbeiten finden könnten. Und diese Arbeiten gibt es!

Denn es zeigt sich immer wieder im Arbeitsalltag der Landwirte, dass viele der Naturschutz-Arbeiten, insbesondere die Erst-Instandsetzungen von Biotopen, vom Landwirt allein oftmals nicht geleistet werden können. Um die erwünschten Ziele zu erreichen, ist deshalb die Einbindung weiterer menschlicher Arbeitskraft und Kreativität von außerhalb des Hofs gefragt.

Die neu entstandene Initiativgruppe, die sich inzwischen auch als gemeinnütziger Verein Ravensberger LichtLandschaften e.V. eta-bliert hat, handelt eigenverantwortlich, selb-ständig und ehrenamtlich. Ihre Arbeiten reichen von organisatorisch-konzeptionellen bis hin zu ganz praktischen Tätigkeiten draußen im Gelände. Die Gruppe bringt mit ihren individuellen Persönlichkeiten verschie-dene Wünsche und Fähigkeiten ein.

Auch das lässt sich als Potenzial beschreiben: Was schlummert an Fähigkeiten und Visionen verborgen in den Menschen einer Region? Wie können sie sich ihre Heimat-, Wohn- und Arbeitslandschaft vorstellen, was können und wollen sie dafür einbringen? Die Bildungsarbeit mit den Pflanzengesellschaften gibt neue Anregungen und eröffnet vielfach ganz neue Zusammenhänge.

Bisherige Maßnahmen (2006 – 2009)

Etablierung von verschiedenen buntblühenden, ausdauernden Saumgesellschaften im Hof-bereich auf Böschungen, an Wegrändern, am Rand des Hühnerauslaufes usw. durch Abplaggen bzw. Fräsen und anschließende Einsaat mit entsprechendem Wildpflanzen-Saatgut. Maßnahme in Zusammenarbeit mit Oberstufenschülern der benachbarten Rudolf-Steiner-Schule.

Pflanzengesellschaften: Schlagfluren (Epilobion), Wiesensäume (Arrhenatherion), Lichtsäume (Trifolion medii), Feucht-Hochstauden (Filipendulion), frische Ruderalsäume (Aegopodion), trockene Ruderalsäume (Melilotion), warme Ruderalsäume (Onopordion).

Umwandlung einer Grasfläche neben der Hofeinfahrt des Köckerhofes in eine blumen- und kräuterreiche Glatthaferwiese, durch Fräsen und anschließende Einsaat mit entsprechendem Wildpflanzen-Saatgut.

Umwandlung eines Erlen-Sukzessionsgehölzes auf ehemaligem Feuchtwiesenstandort zurück in eine Feuchtwiese. Gehölzentfernung durch den Landwirt und die Initiativgruppe, gezielte Saatgutübertragung seltener Feuchtwiesenpflanzen aus einer nahegelegenen Wiese.

Etablierung der seltenen Mäuseschwänzchen-Gesellschaft im Bereich eines wechselfeuchten Weideeinganges als dem typischen Wuchsort durch regionales, selbst gesammeltes Saatgut.

Lichtstellung eines alten Teiches durch Gehölzentfernung und Entschlammung mit dem Ziel eines artenreichen Biotopes. Beginn der Arbeiten Januar 2007 (Gehölzentfernung) – die bisher größte Aktion der Initiativgruppe. Ab Oktober 2007 begannen die Arbeiten zur Entschlammung.

Sammlung von regionalem Saatgut seltener Pflanzenarten der Lichtvegetation zur Zwischenvermehrung, insbesondere von Pflanzen der Heide-Gesellschaften. Dies wird benötigt für die Neuanlage von Heideflächen am Rande des zum Köckerhof gehörenden Waldes.

Weiterhin Durchführung verschiedener Veranstaltungen zur Werbung für das Projekt in der Öffentlichkeit sowie interne Weiterbildung. Vorträge und Exkursionen sowie Pressearbeit stehen projektbegleitend auf dem Programm. Außerdem wurde ein farbiges Faltblatt erstellt.

Teilprojekt Wiesenrenaturierung und Heuvermarktung

Zunächst aus ästhetischer und naturschutzfachlicher Sicht sollten die inzwischen meist brachgefallenen und verbuschten Wiesentälchen des Ravensberger Hügellandes (Sieke) wieder geöffnet und in Wiesenvegetation überführt werden. Damit dies kein „Naturschutz-Pflegefall“ wird, ist es sinnvoll, eine Wiesenheu-Vermarktung anzustreben. Abnehmer könnten die zahlreichen Pferdehalter des Gebietes sein.

Wichtig ist beispielsweise für das Projektgebiet, dass ein diätetisches Wiesenheu als gesundes Zusatzfutter nicht nur von frischen bis trockenen mageren Wiesen gewonnen werden kann, sondern auch von sehr feuchten bis nassen. Paradebeispiel, an dem man sich orientieren kann, ist die Nutzung der ostfriesischen „Blaugraswiesen“ (Cirsio dissecti-Molinietum bzw. Succisa pratensis-Juncus conglomeratus-Gesellschaft) durch einen Landwirt als „Stallapotheke“. Hinrich Sweers aus Warsingsfehn bewirtschaftet mehrere Hektar dieses Vegetationstyps und gewinnt hier mit einmaliger Sommermahd ein kräuter- und heilpflanzenreiches Heu, das seine Kühe als Zusatzfutter bekommen. Das fördert ihre Gesundheit und erspart dem Bauern eine Menge Tierarztkosten.

Dieses Beispiel sollte viel mehr Schule machen und entsprechend wird es auch in das Ravensberger Projekt eingebracht, damit deutlich wird: Bei der Entwicklung einer feuchten Magerwiese tut der Landwirt nicht nur etwas für den Naturschutz und die lebendige Vielfalt im allgemeinen, er steigert nicht nur die ästhetische Attraktivität des Landschaftsbildes, sondern er kann damit auch die Tiergesundheit stabilisieren.

Entsprechende Feuchtgrünland-Parzellen gibt es zahlreich im Projektgebiet, die in dieser Hinsicht entwicklungswürdig sind. Wie üblicherweise woanders auch, werden die besonders feuchten Flächen nicht mehr bewirtschaftet, fallen brach und vernässen sehr stark. Das Brachfallen an sich läuft dem landwirtschaftlichen Grundverständnis des Bauern zwar zuwider, er kann jedoch mit dem Aufwuchs von großwüchsigen Hochstauden, die sich hier inzwischen eingestellt haben, nichts anfangen. Außerdem kann er mit seinem Trecker, dem Mähwerk und dem Ladewagen die schlammigen Böden nicht befahren.

Andererseits hat auch der Naturschutz ein gewisses Interesse an den Flächen, da sich hier die Sumpfdotterblume (Caltha palustris) stark ausgebreitet hat, was für die ausgeräumte Region immerhin von gewisser naturschutzfachlicher Bedeutung ist. Auch aus Naturschutzsicht wäre ein Mähen wünschenswert, damit die Sumpfdotterblume auf Dauer erhalten bleibt. Das ist aber eben nicht möglich, da der Boden für eine regelmäßige Mahd zu nass ist.

Um hier zu einer befriedigenden Lösung zu kommen, konnten wir aus der Kenntnis der Potenziellen Kulturlandschafts-Vegetation einen Vorschlag unterbreiten, der sowohl aus naturschutzfachlicher als auch aus landwirtschaftlicher Sicht eine Aufwertung bedeutet. Voraussetzung dafür ist auf jeden Fall eine vorsichtige Teilentwässerung, um eine Wasserstufe zu erreichen, die etwa einer Sumpfdotterblumen-Wiese entspricht. Dann soll diese Fläche gemulcht, gefräst und eine Feuchtwiesen-Gesellschaft durch Einsaat neu etabliert werden. Die neue Pflanzendecke soll sowohl ein diätetisches Kräuterheu liefern (Stallapotheke) als auch regionaltypische, seltene Arten enthalten, die von ihrer Naturschutzwertigkeit weit höher als die vorhandene Sumpfdotterblume einzustufen sind, beispielsweise Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), Fieberklee (Menyanthes trifoliata), Sumpfdreizack (Triglochin palustre), Purgierlein (Linum catharticum), Zittergras (Briza media) und viele andere mehr.

Hierzu ist es notwendig, eine Pflanzengemeinschaft aus der Kenntnis des Vegetationstypus heraus neu zu entwickeln. Leitbild für diese Neuentwicklung ist die oben genannte Blaugraswiese in einer bestimmten regionalen Ausprägung (basenreich, quellbeeinflusst), die früher in vielen Wiesentälern der Region vorkam und die heute bis auf ganz wenige kleine Restflächen verschwunden ist.

Die Arbeitsschritte für das Teilprojekt Wiesenrenaturierung und Heuvermarktung sind:

  • Vegetationsaufnahmen in den restlichen „guten“ Wiesen des Gebietes
  • Erarbeitung der regionaltypischen Artenzusammensetzung der verschiedenen Wiesen
  • Erarbeitung eines Leitbildes für die Wiesenkultur im Ravensberger Hügelland und Publikation
  • Vorschläge zur „Rekultivierung“ brachgefallener Wiesen
  • Saatgutgewinnung und Neueinsaaten
  • Organisation von Veranstaltungen für Bevölkerung und Landwirte, z.B. Workshop / Zukunftswerkstatt zur Vermittlung des Leitbildes „Wiesenkultur“
  • Selektion von interessierten, kooperierenden Landwirten, diese bei der sukzessiven Umgestaltung der Flächen beraten und unterstützen
  • Recherche von Fördergeldern
  • Konzept für eine Regionalvermarktung
  • Umwandlung von Brachflächen und Intensivgrünland in artenreiche Mähwiesen

Die Grundlagenarbeiten wurden bereits von einer Studentengruppe der Universität Hannover im Rahmen eines Studienprojektes erarbeitet. Bearbeiter: Hilda Frank, René Hertwig.

Wassernuss-Kultur und -Vermarktung

Die Wassernuss (Trapa natans) steht als bedrohte Pflanzenart in Deutschland auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Wenig bekannt ist, dass sie früher eine Speisepflanze war. In Asien wird sie auch heute noch gesammelt und gegessen. Das wäre auch in Deutschland möglich und insbesondere im Ravensberger Hügelland, da sie hier vor 100 Jahren noch in Teichen (Klosterteichen, Gutsteichen) vorkam.

Bei einer Wiederaufnahme der Wassernuss-Kultur in entsprechenden Gewässern könnte heute nebenbei für eine Vielzahl anderer, gefährdeter Pflanzen- und Tierarten Lebensraum geschaffen werden. Eine Vermarktung müsste die kulinarische Besonderheit und die Regionalität der Wassernuss in den Mittelpunkt stellen.

Die Arbeitsschritte für das Teilprojekt Wassernuss-Kultur und -Vermarktung sind:

  • Erarbeitung der Lebensansprüche der Wassernuss einschließlich seltener „Beikräuter“
  • Recherche der historischen Vorkommen und der zugehörigen Bewirtschaftung westfälischer Wassernuss-Teiche
  • Erarbeitung von nachhaltigen Bewirtschaftungskonzepten für die Wassernuss-Teiche unter Berücksichtigung der größtmöglichen Artenvielfalt
  • Erarbeitung einer Broschüre „Wassernuss-Teiche in Westfalen“
  • Kontaktaufnahme mit den Besitzern / Bewirtschaftern dieser und weiterer potenziell geeigneter Teiche
  • Interessierte Fischwirte / Angler / Teichbesitzer gewinnen, diese bei der Umgestaltung der Teiche beraten und unterstützen
  • Instandsetzung von Teichen (Entschlammung, Fischbesatz reduzieren / verändern, Ufergehölze auflichten)
  • Besatz der Teiche mit Wassernüssen: Gewinnung und Transport des Wassernuss-Saatgutes
  • Organisation einer regionalen Vermarktung (Angebot als „westfälische Spezialität“ in der Gastronomie)

Dieses Teilprojekt der „Ravensberger LichtLandschaften“ wird zur Zeit im Rahmen einer Diplomarbeit der Universität Hannover vertieft. Bearbeiterin: Beate Götze.

Literatur zum Thema

  • H.-Ch. Vahle (2007): Die Lichtlandschaften geben Heimat zurück. Ein Projekt zur Förderung seltener heimischer Pflanzen. – Der Minden-Ravensberger. Das Jahrbuch in Ostwestfalen 80/2008: 23-25. Bielefeld.
  • H.-Ch. Vahle (2008): Das Projekt Ravensberger Lichtlandschaften. – Umweltkalender 2008 der Stadt Werther.